Heilsames Singen

Über das Tönen und Singen begegnen wir uns. Wir weben unsere Stimmen und Töne zu einem Netz, das uns verbindet und trägt. Kraftlieder zu Gott, Mutter Erde, Licht, Natur, Frieden... stärken uns in unserer Kraft und in unserem Selbstausdruck und bringen unseren Körper und unsere Seele in heilende Schwingungen.

Singen und Tönen sind eine sehr direkte Form des Ausdrucks. Über Singen und Tönen kann der Mensch sich in seinem Innersten erleben, kann den direkten Kontakt zu seinem Wesenskern finden und sich hörbar und sichtbar machen. In dieser Präsenz, in dieser Wahrheit ist er sowohl kraftvoll als auch verletzlich

Das Singen gibt der seelischen Energie Raum, verbindet mit dem Atemrhythmus und bewirkt eine Steigerung der Lebensfreude. Zusammen zu tönen und zu singen bringt alle Teilnehmenden in eine erhöhte energetische Schwingung.

 

Im Singkreis

Chanten ist das Singen einfacher Melodien, die durch längeres Wiederholen eine besondere Wirkung entfalten. Viele TeilnehmerInnen beschreiben eine tiefe, heilsame Wirkung auf Seele und Körper.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Kreisgesang zu gestalten. Meist wähle ich ein Lied aus, das ich ansinge. Dabei gebe ich Tempo und Tonlage vor.
Während des Singens bleibe ich aufmerksam für das, was in dem Moment erforderlich ist. Je nach Situation entscheide ich intuitiv und leite und begleite den Ablauf. Ich achte auf Lautstärke, Mehrstimmigkeit und Zeitdauer des Singens sowie ggf. Improvisation und Körperbewegungen.

 

Beispiel zur Trauerbegleitung

Wir singen in einem Seminar „Oh go in Beauty“, ein Abschiedslied. Eine Frau ist gerührt und weint. „Möchtest du etwas mitteilen?“, frage ich. Sie erzählt, dass sich ihre Freundin vor 3 Monaten umgebracht hat. Es geschah für sie so plötzlich und unerwartet, sie könne es immer noch nicht verstehen. Ich rege an, noch einmal dieses Lied zu singen und dabei die Teilnehmerin und ihre verstorbene Freundin im Licht zu visualisieren. Wir wiederholen den Chant so lange, bis sie sich beruhigt und entspannt hat. Später sagt sie erleichtert: „Ich habe zum ersten Mal richtig trauern können, ohne Schamgefühl.“

 

Besingen

Es ist eine besondere Erfahrung, für Menschen zu singen. Man kann es zu zweit oder zu mehreren/in der Gruppe durchführen. Lieder wie z.B .„Jaya Jaya“, „I am a circle“, „Gate gate“, „Gayatri Mantra“, „Neesa“, „Om namaha Shivaya“, „Ancient Mother“, „The river is flowing“, „Thy light is in all forms“ und das „Huna-Mantra“ sind in besondere Weise dafür geeignet. Es ist auch möglich, einfach frei zu tönen.

Eine oder mehrere Personen legen sich bequem auf eine Decke, sternförmig mit dem Kopf in die Mitte des Kreises, sodass sie die gesamte Klangwirkung aus der Mitte heraus genießen können. Sitzen ist auch möglich. Die Singenden sitzen oder stehen rundum im Kreis. Das Singen mit gemeinsamer Intention, aus dem Herzen und voller Liebe, macht die Wirkung! Der Gesang soll einfach und einfühlsam gestaltet sein und kann etwa 10 Minuten dauern. Die Besungenen berichten häufig danach, dass sie sich wie auf einer Reise erlebt haben, manchmal geschaukelt in einer Hängematte oder auf einer Liege über einen Berg getragen. Andere erleben sich übers Meer segelnd oder durch die Lüfte fliegend. Viele beschreiben die Wirkung des Besungenwerdens so, dass alle Zellen schwingen wie bei einer Ganzkörpermassage, oder sie fühlen sich ganz von Licht umgeben. Eine beglückende Erfahrung! Nach dem Besingen ist es wichtig, den TeilnehmerInnen genügend Zeit zu lassen, um „zurück zu kommen“. Auch die Singenden kommen in einen intensiven Prozess. Das Wiederholen des Liedes bringt sie in einen entspannten, manchmal trance-ähnlichen Zustand. Das gemeinsame Singen wird als tragend und verbindend erfahren, Emotionen werden ins Fließen gebracht, und körperliche Beschwerden können sich verringern.

 

Verantwortung

Die Schwingungen beim Singen, speziell bei spirituellen Gesängen, können im Menschen starke Gefühle und Stimmungen auslösen. Jede/r Teilnehmende hat seine Eigenverantwortung für sich persönlich. Dennoch ist es die Aufgabe der/des TherapeutIn bzw. SeminarleiterIn, alle Teilnehmenden wahrzunehmen, um im Prozessverlauf deren individuelle Situation, momentane Befindlichkeit und ausgelösten Emotionen zu begleiten. Gerade obertonreiches heilendes Singen ist ein starkes Medium und muss sorgfältig dosiert eingesetzt und mit besonderer Sensibilität begleitet werden, weil es „Ich-auflösend“ bzw. dissoziativ wirken kann. Als Leiterin muss ich darauf vorbereitet sein, dass alte traumatische Erfahrungen erneut mobilisiert werden können, und habe die Aufgabe, verantwortungsvoll meine Methoden einzusetzen und nichts zu forcieren. Durch meine frühere Arbeit als Ärztin in der Psychiatrie sind mir psychische Ausnahmezustände vertraut.

 

Gesang als Medizin

Ich hatte das Glück, in eine „singende“ Familie hineingeboren worden zu sein, Bei uns wurde zu den unterschiedlichsten Anlässen mehrstimmig gesungen. Schon als Kind war ich in vielen Chören, und ich machte eine klassische Gesangsausbildung. Mein Wunsch, Menschen zu helfen, führte mich zum Medizinstudium, das mich jedoch durch seine einseitig mechanische Sichtweise enttäuschte. Also wendete ich mich zusätzlich der Naturheilkunde und Psychosomatik zu und machte eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Viele Weiterbildungen folgten, von Musiktherapie bis Jazzgesang, von Energiemedizin bis Kreistanz. Seit 1986 begann ich mit Patienten und anderen Interessierten in meiner Naturheilgemeinschaftspraxis zu singen. Seit dieser Zeit werde ich immer wieder gebeten, Gesangs-Workshops zu geben. Das war der Ursprung eines nicht abreißenden und freudig-kreativen Stroms von Arbeit mit Stimme und Gesang.

Der Gesang reifte weiter heran zu meinem ganz speziellen therapeutischen Medium.
Nicht zuletzt setze ich meine eigene Stimme als Heilmedium ein. Meine Heilarbeit ist zunehmend „feinstofflicher“ geworden.

Klang und besonders die Klangwirkung der eigenen Stimme ist das Medium zur Heilung, das mich nach wie vor am meisten fasziniert. Klang ist ein kraftvolles Heilmittel, das durch die Energie seiner Schwingung in den Körperorganen und der Seele heilsame Prozesse in Gang zu setzen vermag.

 

Carien Wijnen

ISGT - Institut für ganzheitliche Stimmarbeit und Gesangstherapie
BUCH: Spirituelle Nächte, Alwine Deegen, 2009.

 

Info:

Carien Wijnen ist Ärztin, Heilpraktikerin und Gesangstherapeutin. Seit 1986 leitet sie zahlreiche Seminare im In- und Ausland über die heilende Kraft von Singen und Tönen. Sie bietet Einzelsitzungen und die Weiterbildung "Ganzheitliche Stimmarbeit und Gesangstherapie" in ihrem Institut in Berlin an. Eigenes CD-Label mit Heillieder und Weltmusik.

 

 

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